Grandioses Konzert in der Altstädter Nicolaikirche

 

Giora Feidmann berührt mit Klarinette und Worten

 

 

Ganz in schwarz und bescheiden steht der ältere kleine Mann am Anfang des Mittelgangs und begrüßt die Besucher mit einem freundlichen Nicken. Es ist Weltklasse-Klarinettist Giora Feidmann selbst, der sich so publikumsnah zeigt. Und schon vor dem Konzert berührt er mit seinen Worten: Deutschland sei weltweit ein besonderes Beispiel für Menschlichkeit und er fühle sich hier zuhause.

 

Dazu präsentiert der 83-Jährige das erste Stück: komponiert von einem Moslem, gespielt von einem Juden und aufgeführt einer deutschen Kirche. Orientalische Gebetsklänge, die der Klarinettist mit viel Gefühl vorträgt. Und bei denen er gleich sein unglaublich differenziertes Spiel demonstriert. Mit einem zu Beginn wie hingehauchten und sich dann grandios steigernden „Hava Nagila“ geht Giora Feidmann dann den Mittelgang hinunter und begibt sich zu einem virtuosen Orgelsolo von Sergej Tcherepanov auf die Empore.


Seit September 2018 sind Feidmann und Tcherepanov mit ihrem gemeinsamen Programm „From Classic to Klezmer“ auf Tournee. Eine ausgesprochen vielfältige Mischung aus Werken von Bach, Mozart, Schumann und Piazzolla sowie aus jüdischen Liedern und Klezmersongs , die alle fließend ineinander übergehen. Musik, die vor allem durch Giora Feidmanns emotionales, mal ganz weiches, dann wieder ausgesprochen dynamisch kraftvolles Spiel die Seele berührt und ein Gefühl von Frieden vermittelt. Feidmann ist wirklich ein Magier auf der Klarinette: Mal entlockt er ihr klagend weiche Töne, mal kraftvoll leidenschaftliche, gerade noch lässt er sein Instrument eine Klezmermelodie schluchzen, dann bringt er es zum Lachen, wie etwa bei Scott Joplins bekanntem Ragtime aus dem Film „Der Clou“. Dabei wird er grandios begleitet von Sergej Tcherepanov. Sein Orgelspiel trägt die Klarinettenmelodie sensibel, umspielt sie aber auch immer wieder virtuos. Der in Kasachstan geborene Orgelvirtuose ist dazu ein hervorragender Solist, wie er zum Beispiel mit Bachs berühmter Toccata beweist.


Vor allem mit seinen Klezmer-Interpretationen begeistert Giora Feidmann seit Jahrzehnten ein weltweites Publikum. In Deutschland wird er erst in den 1980er Jahren bekannt, durch Peter Zadeks Inszenierung des Musicals „Ghetto“, in dem er die Schauspielerei für sich entdeckt. Neben seiner Konzerttätigkeit wirkt der Klarinettist in Theaterstücken, Opern und Filmen mit. Mit dem Geiger Itzak Perlman spielt Feidmann 1993 die oscarprämierte Musik zu Steven Spielbergs "Schindlers Liste" ein.


Längst ist Giora Feidmann ein Botschafter für die Völkerverständigung, vor allem zwischen Juden und Deutschen, 2001 erhielt er das Große Bundesverdienstkreuz am Bande. Und bei seinen bewegenden Abschiedsworten, mit denen er nochmal die deutsche Gesellschaft lobt und sich beim Publikum für den Auftritt bedankt, zeigt Feidmann, dass er neben einem herausragenden Musiker auch ein großer Mann ist. Die rund 300 Besucher danken ihm und Sergej Tcherepanov mit stehenden Ovationen für ein außergewöhnlich schönes und harmonisches Musikerlebnis.