„Buen Vivir – Vom Recht auf ein gutes Leben“ 

Ein berührender Auftakt des diesjährigen Weltnacht Festivals

 

Perspektiven zeigen und positive Zeichen setzen in dieser schwierigen politischen Zeit - das will das Welthaus Bielefeld mit dem 23. Weltnacht Festival. Alberto Acosta und Grupo Sal sorgten am Donnerstag Abend in der Nicolaikirche für eine perfekte Eröffnung.

 

 

Seit zwei Jahren touren der ecuadorianische Ökonom und ehemalige Energieminister Alberto Acosta und die Band Grupo Sal gemeinsam durch Europa, um das südamerikanische Konzept des „Buen Vivir“  publik zu machen. Perfekt ergänzt durch die lateinamerikanische Musik bringt Acosta die Lebensphilosophie der indigenen Andenvölker dem Publikum wirklich nah. „Buen Vivir“ bedeutet ein Leben im Einklang mit der Natur und ein harmonisches Zusammenleben der Menschen. Eindringlich führt der ecuadorianische Politiker die aktuellen Missstände unserer Zivilisation auf: Die übermäßige Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die Ungleichverteilung von Geld und Macht, die Verschwendung von Nahrungsmitteln. Für Alberto Acosta liegt es auf der Hand: Der Traum von der fortwährenden wirtschaftlichen Entwicklung hat so nicht funktioniert. Und wenn wir damit weiter machen, zerstören wir unsere Welt.

Davon handeln auch die Lieder von Grupo Sal: von der Abholzung des Regenwaldes, von der Unterdrückung der indigenen Völker. Aber auch von Liebe und Hoffnung. Ob Interpretationen  traditioneller Stücke oder Eigenkompositionen, die Musik des Sextetts aus Argentinien, Portugal, Venezuela und Deutschland ist bei aller Melancholie sehr fröhlich. Seit mehr als 30 Jahren verbindet Grupo Sal die vielfältigen musikalischen Landschaften Lateinamerikas mit brisanten entwicklungs- und umweltpolitischen Themen. Ihre Musik ist eine einzigartige Mischung aus klassischen, traditionellen und modernen Elementen. Mit wunderschönen Arrangements und sehr differenziertem Spiel schaffen die allesamt exzellenten Musiker eine passende emotionale Atmosphäre und leben mit ihrer Spielfreude das „Buen Vivir“ vor.

 

Dabei handelt es sich nicht etwa um ein alternatives Entwicklungskonzept, sondern „Buen Vivir“ ist eine Alternative zur herkömmlichen Entwicklungsidee. Als Ökonom und Politiker in einem Land, wo dieses Konzept bereits umgesetzt und das Recht auf ein gutes Leben sowie das Recht der Natur sogar in der Verfassung verankert sind, weiß Acosta wovon er spricht. Es hört sich wunderbar an: ein Leben in Harmonie mit sich selbst und den Mitmenschen, in Verbundenheit mit der Natur. Soziale, ökonomische und ökologische Gerechtigkeit. Aber wie können wir westliches Profitdenken abschaffen, wie den unserem System immanenten Wettbewerb stoppen? Und vor allem: Können wir die Gier in unseren Köpfen, den Wunsch nach individuellem Wohlstand aufgeben?

 

Alberto Acosta glaubt daran und führt Beispiele an, die Hoffnung machen. In Wien etwa hat nur jeder zweite Haushalt ein Auto. Oder warum braucht jeder eine eigene Bohrmaschine anstatt sie sich in der Nachbarschaft auszuleihen? Für eine Veränderung sind jedoch sowohl globale Dialoge wie konkretes Handeln hier und jetzt notwendig. Und das betrifft nicht nur die Politiker, sondern jeden einzelnen von uns. Acosta ist überzeugt, dass auf der Basis vieler kleiner Schritte auch globale Veränderungen möglich sind. Wenn der charismatische Politiker die Idee des „Buen Vivir“ weiterhin so überzeugend in der Welt verbreitet, gibt es tatsächlich einen Lichtblick.