Tanz der Seele durch das Leben

Mit „Seelend“ präsentierte die Bielefelder Tänzerin und Choreografin Annika Hofgesang am Samstagabend ihr neues Tanztheaterstück

im Dans Art Theater.


Seelend – in dem Namen versteckt sich der Begriff Seele. Um die Seele geht es in Annika Hofgesangs Stück. Um das, was dem Menschen und seiner Seele im Laufe des Lebens widerfährt. Um Niederlagen und Schmerz, um Kampf und Befreiung, aber auch um Freude und Glück.


Der Mensch – sensibel und virtuos getanzt von Said Gamal – sitzt im Rollstuhl, bewegungslos, so scheint es, dem Leben ausgeliefert, das sich um ihn herum abspielt. Mal ist es bedrückend und beklemmend, etwa wenn Tänzer in Rollstühlen ihre Oberkörper wiegen. Mal drückt sich Verzweiflung und Zerrissenheit aus, wenn die Tänzer sich auf dem Boden winden und immer wilder herumwirbeln. Aber immer wieder bricht Freude und Spaß durch, wenn auch leicht ironisch. Etwa im wirbelnden Gesellschaftstanz zum leicht betrunkenen Gesang von Hans Albers. Oder wenn der Zuschauer in eine bunte und laute Zirkuswelt entführt wird.

In „Seelend“ geht es um die Verletzung der Seele, die auf der Suche nach Heilung und Freiheit durch das Leben und die Welt tanzt. Durch eine ökologisch, sozial und emotional vergiftete Welt, in der aber womöglich doch noch Hoffnung auf Heilung besteht. Immer wieder befreit sich der Mensch (Said Gamal) aus seinem „Gelähmt Sein“ im Rollstuhl. Am Ende wirft er in einem ekstatischen Tanz die Altlasten seines Lebens ab. Und vielleicht ist er dann frei.


„Frei und radikal“ nennt Annika Hofgesang ihr Stück, das diesen Attributen gerecht wird. Mit einer sehr differenzierten und sensiblen, aber bisweilen auch radikalen Choreografie, die Hofgesang gemeinsam mit Gamal und den anderen Tänzern entwickelt hat. Ideal unterstützt von der Musik (Gilda Rebello), vor allem durch den norwegischen Musiker Torgeir Vassvik, der mit seinem archaisch anmutenden Gesang die Choreografie wunderbar untermalt. Durchdacht ist auch das Bühnenbild (Johann Hofgesang), das mit wenigen Requisiten – einem umgefallenen Rollstuhl, einem großen Doppelkreuz oder einer auf Video gebannten Meereswelt - den Tänzern ihren Raum lässt. Sabrina Strunk hat für „Seelend “ausgesprochen einfallsreiche und schöne Kostüme entworfen.


Das Publikum zollte dem Stück zu Recht anhaltenden Applaus. Vor allem die jungen Tänzer - Gasttänzer Said Gamal sowie Sarah Klingenberg, Annika Hofgesang und Danilo Cardoso aus der Young Dans Art Company - begeisterten mit ihrer Darstellung. Aber auch die Absolventen und Studierenden von Dans Art - Maria Golovcenko, Hannah Mahler, Nadin Frank, Maureen Lomb, Yagmur Saglik, Franziska Schroeter und Sylvia Hetze - überzeugten mit sensiblem und für Ihr Alter reifem Tanz. Nicht zu vergessen die Kabarettistin Maria Kübek, die mit ihrem Spiel dem Stück einen eigenen humorvollen Stempel aufdrückte.